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Griechenland Krise – Der Mythos vom unausweichlichen Staatsbankrott

Publiziert am 17.Juni.2011 von Abraam Kosmidis

Downratings, spekulative Zockereien und stereotype Konsolidierungsauflagen torpedieren die Bemühungen Griechenlands und der Europäischen Union um die Rettung des Landes.

Immer wieder kursiert das Gerücht, dass zwar kurzfristig die Geldmittel für die Bedienung der Verbindlichkeiten durch das Rettungspaket gesichert seien, aber ein Staatsbankrott Griechenlands dennoch unausweichlich sei, weil die mittel- und langfristige Schuldenfinanzierung nicht geregelt sei.

Während die Ursachen für die Situation in Griechenland bereits vielfach diskutiert wurden, gleichen die Bemühungen und Rezepte zur Rettung Griechenlands vor dem finanziellen Kollaps der Erprobung neuer Behandlungsmethoden am offenen Herzen des Patienten.

Denn bislang werden stereotyp nur weitere Darlehen zu noch höheren Zinsen bereitgestellt, ohne dass die Möglichkeit zur vollständigen Schuldentilgung gegeben ist. Dabei werden die allgemein bekannten Mittel zur Haushaltskonsolidierung angewendet. So werden die Staatseinnahmen durch den Verkauf von Staatsvermögen erhöht, die bestehenden Steuern erhöht und neue eingeführt, Steuersparmöglichkeiten eingeschränkt, die Steuerhinterziehung bekämpft und die Staatsausgaben gesenkt usw.
Klar ist dabei jedoch, dass die notwendigen, umfangreichen Sparprogramme alleine keine Rettung des Landes herbeiführen können. Vielmehr ist ein umfassendes Hilfsprogramm notwendig. Denn ging es bisher nur um die Liquiditätskrise der Banken und des Staates, droht nun auch die Realwirtschaft  durch die rigiden Sparmaßnahmen ebenfalls in eine schwere Krise abzurutschen.

Heiner Flassbeck, Chefvolkswirt der UN-Handelsorganisation UNCTAD, Publizist und Honorarprofessor an der Hamburger Universität führt hierzu in einem Interview auf tagesschau.de aus: „Auf mittlere Sicht muss Griechenland natürlich sparen - und alle anderen Staaten auch. Aber jetzt in der Krise ein Land zu zwingen, sein Defizit wegzusparen, ist vollkommen falsch. Das kann nicht gelingen. Das wird nur dazu führen, dass sich die volkswirtschaftliche Lage im Land noch weiter verschärft.“

Ohne flankierende Hilfsmaßnahmen droht der Privatwirtschaft eine fatale Abwärtsspirale

  • Geplante Investitionen werden zurückgehalten oder überhaupt nicht mehr getätigt,
  • Durch fehlende Liquidität und die drastische Reduzierung von Bankdarlehen geraten Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten
  • viele Unternehmen legen ihre Aktivitäten auf Eis und warten erst mal die Entwicklungen ab.
  • Die Lohn- und Gehaltskürzungen führen zu einer schwindenden Binnennachfrage
  • Diese verursacht erhebliche Umsatzeinbußen im Einzelhandel
  • Dies führt wiederum zum Personalentlassungen
  • Hierdurch steigt die Arbeitslosenquote und damit auch wieder die Staatsausgaben.

Diese Probleme können nicht nur mit der Gewährung von Darlehen zu völlig überhöhten Zinsen gelöst werden.

Ein Hilfeplan, wie seinerzeit der Marshallplan ist jetzt notwendig

Um dieser Abwärtsspirale Einhalt zu gebieten, müssen deshalb zusätzlich zu den Sparmaßnahmen flankierende Maßnahmen zur Wiederbelegung der Wirtschaft schnell beschlossen und sämtliche Handlungen, welche die Bonität des Landes weiter in Mitleidenschaft ziehen, unterlassen werden.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde war ein großes Wirtschafts-Wiederaufbauprogramm der USA für Europa aufgelegt. Die höchsten Zuteilungen daraus erhielten u.a. Länder wie Frankreich, Großbritannien, Deutschland, die Niederlande, Österreich, etc.

Ein ähnliches Hilfeprogramm zur Ankurbelung der Wirtschaft in Griechenland ist jetzt notwendig. Als erforderliche Maßnahmen kommen u.a. in Betracht:

  • die Schaffung von Investitionsanreizen,
  • Gewährung von Fördermitteln (zB für den Bereich der erneuerbaren Energien)
  • die Möglichkeit, sich wieder an den Finanzmärkten zu refinanzieren
  • Privatisierung von Staatsbetrieben
  • Die Verlagerung von Produktion nach Griechenland
  • Technologietransfer nach Griechenland
  • Entsendung von Beratern für die Durchführung der notwendigen Strukturmaßnahmen, zB aus Deutschland
  • Die Verbesserung des Images´ Griechenlands im Ausland (hierzu zählt auch das Unterlassen der in der Vergangenheit teils sehr unfairen Berichterstattung in den ausländischen Medien)

Downratings der Ratingagenturen torpedieren die Bemühungen Griechenlands und der EU

Durch das letzte downrating Griechenland erfolgte nun eine Herabstufung der griechischen Kreditwürdigkeit gleich um drei Stufen auf Ramschstatus (CCC). Durch die starken Herabstufungen wird jegliche Hoffnung auf eine kurzfristige Rückkehr an die Finanzmärkte zur Refinanzierung über Staatsanleihen zunichte gemacht.

Dies geschieht zu einem Zeitpunkt als Griechenland sämtliche,  seit ca. einem Jahr auferlegte Sparmaßnahmen umgesetzt hat. Dennoch wird die Kreditwürdigkeit des Landes durch ständige downratings weiter beschädigt, obwohl das Gegenteil eigentlich der Fall sein müsste: Durch die Umsetzung der Sparmaßnahmen und die Hilfszusagen der EU und des IWF hätte das Rating Griechenlands nach einem Jahr besser sein müssen und nicht schlechter sein dürfen.

Heiner Flassbeck: „Das Management ist katastrophal, weil man nur redet und dem Irrsinn, der im Moment an den Märkten herrscht, nicht Einhalt gebietet. Das sind ja derzeit keine normalen Marktreaktionen, sondern das Resultat von Zockerei und Panikmache. Daran verdienen alle, die mit der Krise Spekulationsgeschäfte betreiben. Zum Beispiel die Hedge-Fonds, die vor einiger Zeit so genannte Credit Default Swaps gekauft haben - also Zockerpapiere, auch Kreditversicherungen genannt - und diese jetzt verkaufen.“

Umso deutlicher also die EU artikuliert, dass man Griechenland unterstützen und die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen werde, desto mehr verschärfen sich die Aktionen derjenigen, welche auf einen Staatsbankrott Griechenlands gesetzt haben und jetzt Gefahr laufen, im Rettungsfall sehr hohe Beträge zu verlieren.

Aus diesem Zusammenhang wird deutlich, dass eines der Hauptprobleme der Griechenland-Krise die laufenden Wetten bestimmter Kreise auf einen griechischen Staatsbankrott sind. Durch die Diskreditierung des Landes werden die Märkte verunsichert, hierdurch steigt der Risikoaufschlag für griechische Staatsanleihen. Die Folge ist, dass eine Refinanzierung an den Märkten nur mit exorbitanten Zinsaufschlägen möglich ist.

Die Rettung Griechenlands ist demnach auf der Grundlage der beschlossenen finanziellen Hilfemaßnahmen in Verbindung mit der Förderung von Investitionen problemlos möglich, soweit auch die Bonität des Landes nicht durch die Downratings beschädigt und der Zugang zu den Finanzmärkten nicht unmöglich gemacht wird.