KPAG • Rechtsanwälte

Die Steuerreform 2010 in Griechenland

Die Steuerreform 2010 in Griechenland In der letzten Woche vor Weihnachten hat im griechischen Parlament die Diskussion um die neue Steuerrechtsreform begonnen. Die Regierung hat hierzu die wesentlichen Maßnahmen der neuen Steuerpolitik bereits am 18.12.2009 in einer schriftlichen Ausführung im Netz veröffentlicht und am 22.12.2209 im Parlament vorgetragen. Ziel der Steuerreform ist die Einführung eines gerechten und effizienten Steuersystems, welches zugleich die Schwächen und Mängel des bisher in Griechenland geltenden Steuersystems verbessern oder gar ausmerzen soll.Folgende Erkenntnisse der Regierung waren richtungsweisend und ausschlaggebend für die große Steuerreform in Griechenland:• die niedrigen öffentlichen Einnahmen des Staates, welche in einem Missverhältnis zu den Ausgaben des Staates stehen.Während die Einnahmen (als Prozentsatz des BSP) in den letzten Jahren kontinuierlich von 40,9 % auf 37,3% im Jahre 2009 zurück gingen, lagen die jährlichen öffentlichen Ausgaben von 2001 -2007 durchschnittlich bei ca. 45% und stiegen in den letzten beiden Jahren auf 48,3% des BSP im Jahre 2008 und auf 50,1% des BSP im Jahre 2009. Die öffentlichen Einnahmen dagegen lagen im Jahr 2008 bei 40,6% des BSP, und im Jahre 2009 bei 37,3% des BSP.• der Rückgang der steuerrechtlichen Einnahmen, welche ebenfalls seit 2001 (mit 21,8% des BSP) abgenommen haben und im Jahre 2009 nur bei 19% des BSP liegen.Hierbei muss angemerkt werden, dass die steuerrechtlichen Einnahmen zusammen mit den Versicherungsbeiträgen die wichtigste und ständige Quelle staatlicher Einnahmen darstellen. Hinzu kommt, dass die steuerrechtlichen Einnahmen des griechischen Staates im Verhältnis zu den Einnahmen der übrigen Mitgliedsstaaten zu den geringsten steuerrechtlichen Einnahmen innerhalb der EU gehören. Insbesondere die Steuereinnahmen des Staates von den natürlichen und juristischen Personen gehören verhältnismäßig und prozentual zum BSP zu den geringsten Einnahmen in der EU-Zone.• die deutlich zunehmende Tendenz, dass die natürlichen Personen im Verhältnis zu den juristischen Personen zu einer größeren steuerrechtlichen Last des Staates werden.Die Besteuerung der natürlichen Personen lag im Jahre 2007 bei 4,7% des BSP, während die Rate bei den juristischen Personen im gleichen Jahr bei 2,6% lag. Zudem hat eine Studie in Griechenland gezeigt, dass der griechische Steuerzahler für jeden (1) Euro direkter Steuern mittlerweile 1,56€ aus indirekten Steuern zahlt.Auf der anderen Seite wurde festgestellt, dass es sich bei 85% der Steuerklärungen von natürlichen Personen in Griechenland um Familien handelt, deren gesamtes Einkommen unter der Einkommensgrenze von 30.000€ liegt. Und 94% der Einzeleinkommen, die von natürlichen Personen jährlich mit der Steuererklärung offengelegt werden, liegen ebenfalls unter der Einkommensgrenze von 30.000€.• die entgangenen Gewinne aus der Mehrwertsteuer, die einen Betrag von 6,6 Milliarden Euro übersteigen.Wesentliche Ursache ist die Steuerhinterziehung. Griechenland gilt mit einem Prozentsatz von 30% als Spitzenreiter in der EU.• die Tatsache, dass der wesentliche Teil der Steuereinnahmen von einem kleinen Teil von Steuerzahlern (Arbeitnehmern mittleren Einkommens) bezogen wird.Daher besteht die Notwendigkeit, die steuerrechtliche Einkommensbasis auszuweiten.Grundsätzliche Ursachen für den tatsächlichen Verlust von Steuereinnahmen sind:1. die weittragende Steuerhinterziehung und Steuerumgehung 2. die Gegensätze des eigenen Steuersystems (Steuerbefreiungen ohne Zielsetzung, Pauschalbesteuerung etc.) 3. mangelnde Kontrollmechanismen 4. Fehlen starker Motive und Anreize, die den Steuerzahler zur Offenlegung seiner tatsächlich zu versteuernden Einkünfte bewegen 5. einschränkende Fortschrittlichkeit der Steuersatztabelle 6. Faktoren, die zu einem sinkenden Steuerbewusstsein führen, wie z.B. Intransparenz, Komplexität und Kompliziertheit des Systems, niedrige Qualität öffentlicher Güter und DiensteUnter Berücksichtigung der Ursachen für die oben aufgeführten Schwächen und Mängel des griechischen Steuersystems beabsichtigt nun die griechische Regierung eine grundlegende Reformierung des Steuersystems vorzunehmen, durch welche einerseits das Defizit Griechenlands in der EU gesenkt und andererseits die griechische Wirtschaft wieder belebt wird. Ziel der Reformpolitik soll die Schaffung eines Steuersystems sein, das sich nur durch folgende Eigenheiten auszeichnen soll:Gerechtigkeit Jeder Steuerzahler soll den gleichen Beitrag entsprechend seiner Möglichkeiten leisten Umverteilung Es soll eine Umverteilung der Einnahmen zum Zwecke einer effizienten Erhöhung der öffentlichen Einnahmen erfolgen, bei der aber nicht die Niedrig- und mittleren Einkommen zusätzlich belasten werden Effizienz durch die Schaffung von Motiven und Anreizen, die zur Offenlegung der tatsächlich zu versteuernden Einkünfte ermutigen sollen Leistungsfähigkeit ohne Gegensätze zu schaffen Einfachheit ohne die Schaffung hoher Verwaltungskosten für die Bürger Transparenz Der Bürger soll wieder das Vertrauen zu dem Staat gewinnen.Bereiche und Akzente der Neugestaltung des Steuerrechtssystems in Griechenland• Bei der Besteuerung von natürlichen Personen sollen folgende Maßnahmen ergriffen werden: a. die Einführung einer einheitlichen, fortschrittlichen und am Lebenshaltungsindex orientierte Steuersatztabelle für alle Einkommen b. die Besteuerung der ausgeschütteten (Unternehmens-)Gewinne nach der Steuertabelle für natürliche Personen c. die Abschaffung der pauschalen Besteuerung d. die Abschaffung von Steuerbefreiungen e. die Verallgemeinerung des Vermögensnachweises (Herkunftsprinzip) in den Steuererklärungen f. die buchhalterische Ermittlung der Einkommen g. die Einführung eines Systems zur Absetzung von Steuern durch Vorlage von Rechnungen h. die Besteuerung des Mehrwertes langjähriger Börsengeschäfte (Spekulationsgewinne) durch gleichzeitige Aufrechnung eingetretener Schäden und Verluste• Bei der Besteuerung von Unternehmen werden folgende Änderungen eintreten: a. Es soll eine Differenzierung zwischen ausgeschütteten und einbehaltenen Gewinnen vorgenommen werden b. Die Abschaffung von gefälligen Steuerbefreiungen für die Unternehmen c. Die Abschaffung des Gesetzes „zur Führung von Büchern und Daten“ (KBS) d. Die Auferlegung der Verpflichtung zur Führung von Geschäftskonten bei den Banken, der Anschluss an die Datensysteme der Steuerbehörden und die Schaffung einer Zugangsmöglichkeit für die Steuerbehörden e. Die Besteuerung der Transaktionen mit Offshore-Unternehmen f. Eine Effiziente Kontrolle aller Transaktionen innerhalb eines Konzerns • Bei der Besteuerung der Immobilien sollen folgende Maßnahmen eingeleitet werden: a. Die Umsetzung einer fortschrittlichen Besteuerung des großen Immobilienbesitzes ab dem Jahre 2010 b. Die Wiedereinführung der Erbschaftssteuer und der Steuer für die sog. elterlichen Schenkungen mit einem höheren Steuerfreibetrag c. Die Effiziente Besteuerung der Offshore-Immobilien • Schließlich ist die Einführung steuerrechtlicher Verwaltungs- und Kontrollmechanismen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung vorgesehen: a. Die Erstellung eines Softwareprogramms zur gezielten Überprüfung und Durchführung von steuerrechtlichen Kontrollen auf Basis der bekannten Daten b. Die Überprüfung der Herkunft des Vermögens bei allen Steuerbeamten und die Einleitung von Maßnahmen gegen Beamten, bei denen die Vermögensverhältnisse nicht durch das Einkommen gerechtfertigt sind. Letztere Maßnahmen werden bis hin zur Aufhebung des Beamtenverhältnisse, anfänglich jedoch zur Suspendierung des Beamten vom Dienst führen c. Die Elektronische Verfolgung und Beobachtung des Brennstoffmarktes zum Zwecke der Bekämpfung des Schwarzhandels d. Die Elektronische und technologische Unterstützung der steuerrechtlichen Verwaltung e. Die Ausweitung der Dienste und Systeme zur elektronischen Verwaltung im Netz zum Zwecke der Bereitstellung zusätzlicher Dienste für die Steuerzahler f. Die Veröffentlichung der Einkünfte und Steuern von Wirtschaftsunternehmen und Freiberuflern im Netz gemäß den Vorschriften des Gesetzes 2238/1994.Das neue Gesetz, welches all diese Steuermaßnahmen regeln wird, soll bereits im März 2010 verabschiedet werden

7 Antworten zu “Die Steuerreform 2010 in Griechenland”

  1. jennifer sagt:

    Danke für die ausführliche Info. Der Artikel hat mir sehr gut gefallen, ist hervorragend geschrieben.

  2. Ioannis Liebich sagt:

    Die Info ist wirklich umfassend. Ein Bekannter sagte mir, die griechischen Steuerzahler sollten jetzt alle Quittungen (auch von Einkäufen in Supermärkten) aufbewahren, um sie später dem Finanzamt zur Einsparung von Steuern vorzulegen. Ist das so richtig?

  3. PETER SCHNEIDER sagt:

    Weiß man in welchem Umfang die Immobilien besteuert werden sollen? Trifft es auch hier die steuerzahlende Mittelschicht?

  4. Es stimmt, dass seit dem 1.1.2010 alle griechischen Steuerzahler alle Quittungen aufbewahren müssen, um später Steuern einzusparen. Das endgültige Einkommensteuergesetz, das diese Regelung vorsieht, ist jedoch noch nicht in Kraft getreten und daher ist noch nicht bekannt, welche genauen Vorschriften gelten werden.

  5. Zur Zeit wird viel über eine Steuerreform in Griechenland diskutiert, das Gesetz wurde jedoch bislang noch nicht modifiziert. Innerhalb der nächsten 2 Monate werden wir nähere Informationen über die neue Regelungen bekommen, sobald das Gesetz in Kraft tritt.

  6. War sehr interessant für mich über diese Steuerreform zu lesen und werde der Entwicklung davon mit Interesse folgen.

  7. Mansour Farghaly sagt:

    Das ist sozusagend im Sturmlauf aus einem Zustand der beinahen steuerlichen Anarchie in die Oberliga der Steuerüberwachungsstaaten innerhalb von wenigen Monaten.

    „Die Veröffentlichung der Einkünfte und Steuern von Wirtschaftsunternehmen und Freiberuflern im Netz…“

    Insbesondere ist die Untersuchung der Lebenshaltung des Einzelnen mit dem genauen Einkommen problematisch.

    Dieses steuerliche Überwachungsszenario ist dann wohl der Traum jedes Finanzministers. Besonders die Untersuchung der Einnahmen und der Ausgaben und gleichzeitig der Konten durch „geeignete Software“ ist sicher der Gau bzgl. Überwachung.

    Ich bezweifle jedoch, dass das einfach so umzusetzen ist und ob die Griechen das so ohne weiteres mit sich machen lassen.

    Damit exerziert die EU im Grunde beispielhaft vor, wie es demnächst in jedem der Mitgliedsländer dann aussehen sollte/könnte.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert