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Sparmaßnahmen und Finanzhilfe für Griechenland sind ohne Investitionen sinnlos

Publiziert am 10.Februar.2012 von Abraam Kosmidis

In Griechenland haben sich die staatstragenden Parteien auf ein weiteres Paket an Sparmaßnahmen geeinigt, welches sehr einschneidende Folgen für die bereits stark gebeutelte griechische Bevölkerung mit sich bringt. Über das Paket soll kommenden Sonntag (12. Februar 2012)  im Parlament entschieden werden.

Seit rund zwei Jahren werden fast täglich neue Maßnahmen beschlossen, welche das Land mittlerweile an den Rand der gesellschaftlichen Belastbarkeit und Sozialverträglichkeit gebracht haben. Nun sollen zwischen 2012-2015 gemäß dem jüngsten Maßnahmenpaket weitere Einsparungen von 14,5 Milliarden Euro erzielt werden. Beschlossen wurden u. a. die Senkung der Mindestlöhne um ca. 22%, die Streichung der 13. und 14. Monatsgehälter, die Streichung der Steuerfreibeträge, die Senkung der Mindesteinstiegslöhne um über 30%, die Außerkraftsetzung von Tarifverträgen, weitere Rentenkürzungen etc. Selbst diese Maßnahmen scheinen jedoch nicht auszureichen, um die EU zur Freigabe des Hilfspaketes zu bewegen.

Griechenland muss endlich seine Hausaufgaben machen

Dabei steht außer Frage, dass der Landeshaushalt in Ordnung gebracht und eine tragfähige Balance zwischen Einnahmen und Ausgaben gefunden werden muss. Natürlich müssen die Ausgaben des Landes in einem Deckungsverhältnis zu seinen Einnahmen stehen. Selbstverständlich müssen hierzu die Privatisierungen unbedingt umgesetzt, die Verwaltung abgespeckt und all diejenigen Maßnahmen umgesetzt werden, welche notwendig sind, damit Griechenland in absehbarer Zeit einen ausgeglichen Haushalt aufweisen und wieder in geordnete Bahnen zurückkehren kann.

Auch ist zutreffend, dass die griechische Politik bislang keine gute Figur bei der Umsetzung der Maßnahmen abgegeben hat. Zähe und langwierige Verhandlungen, Unentschlossenheit, Verzögerungen, Nichteinhaltung von Fristen, Nichtumsetzung von Maßnahmen etc. haben den bisherigen Gang der Entscheidungsfindung gekennzeichnet und die EU-Partner verärgert.

Experimente haben Griechenland in eine tiefe Depression getrieben

Auf der anderen Seite muss jedoch betont werden, dass die Sparmaßnahmen und die Finanzhilfen wirkungslos verpuffen werden, soweit dem Land keine Zukunftsperspektive in Aussicht gestellt wird. Bislang wurde von der EU versäumt, dem Land einen Plan für die nächste Zukunft in Aussicht zu stellen. Wider jegliche Vernunft und gegen alle gängigen Wirtschaftstheorien der freien Marktwirtschaft wurden die - zweifellos ursprünglich selbstverschuldeten - Probleme des Landes erst von der Bankenkrise und der europäischen Finanzkrise verschärft und das Land später in ein beispielloses Abenteuer von "trial and error" Versuchen gestürzt, an welchem die Entscheidungsträger der EU ein hohes Maß an Mitverantwortung tragen. Denn auch die Entscheidungsträger der EU haben sich in den letzten beiden Jahren erst durch Unentschlossenheit und zögerliches Handeln und später durch unausgegorene Rettungspläne ausgezeichnet, ohne eine tatsächliche Zukunftsperspektive für das Land aufzuzeigen.

Es war von Anfang an absehbar, dass alleine nur Sparmaßnahmen ohne flankierende Investitionen, das Land in eine starke Depression stürzen würden. Auch musste man kein Wirtschaftexperte sein um zu erahnen, dass die notwendigen Gehalts- und Rentenkürzungen, Stellenstreichungen und Massenentlassungen zu einem Konsumschwund führen würden, welche über Entlassungen und Wirtschaftsrückgang sich in weiter verminderten Steuereinnahmen niederschlagen würden. Damit war aber auch absehbar, dass Berechnungen über geplante Steuermehreinnahmen, welche zu einem bestimmten Stichtag erfolgt sind, aufgrund des Rückgangs der Wirtschaftsleistung und der infolgedessen versiegenden Steuereinnahmen zu einem späteren Zeitpunkt schon nicht mehr haltbar sein konnten.

Auch ist offensichtlich, dass allein die Aussicht auf die Gewährung eines Hilfspaketes von vielen Milliarden, welche nur für die Bedienung bzw. Umschuldung von Verbindlichkeiten verwendet werden, in keinster Weise zur Generierung von Wachstum und Steuereinnahmen beiträgt. Infolge dieser Umstände bewegt sich das Land deshalb in einer immer schnelleren wirtschaftlichen Abwärtsspirale, bislang ohne Aussicht auf Besserung.

Planloses Vorgehen der EU birgt enorme Sprengkraft für Griechenland und Euroraum

Warum aber stellt die EU die Milliardenhilfe zur Verfügung, ohne dafür zu sorgen, dass auch die Voraussetzungen für die Rückzahlung der Darlehen gewährleistet ist? Weshalb wurde zu keinem Zeitpunkt ein Investitionsplan vorgelegt, welcher konkrete Hilfe für den Aufbau bzw. die Ankurbelung der griechischen Wirtschaft vorsieht? Denn nur über Investitionen könnten Arbeitsplätze geschaffen, Unternehmen entstehen und wachsen, Produkte hergestellt und vertrieben, sowie der Einzelhandel und damit der Konsum belebt werden, was wiederum zu Steuereinnahmen führen würde, welche die Perspektive der Rückzahlung der Darlehen gewährleisten könnten.

Die Zurückhaltung der EU einen solchen Investitionsplan vorzulegen, ähnlich dem Marshall Plan für Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg, verwundert sehr, wäre dies doch das einzig probate Mittel, um sozialen Unruhen und die Verarmung des Mittelstandes in Griechenland einzudämmen, dem Land wieder eine Zukunftsperspektive und den Geldgebern des Landes eine Aussicht auf Rückzahlung ihrer Darlehen zu geben.

Die demonstrierte Unfähigkeit der griechischen Politik mit der Krise umzugehen, notwendige und radikale Modernisierungs-, Rationalisierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen durchzuführen, sowie die Interessen des Landes angemessen zu vertreten ist die eine Seite der Münze. Auf der anderen Seite ist aber auch das planlose Vorgehen seitens der EU ebenso unverständlich und birgt sowohl für Griechenland, als auch für den Euroraum und für das Selbstverständnis des europäischen Gedankens enorme Sprengkraft.

Von einem derartigen Verhalten gegenüber einem EU-Mitglied und Euroland kann eine Signalwirkung für die Abkehr vom europäischen Gedanken und der Solidargemeinschaft hin zu einem rein von finanziellen Interessen getriebenen Interessenverband ausgehen, was eine bedenkliche Abwendung vom Grundverständnis der EU darstellen würde. Eine solche Abkehr vom europäischen Gedanken und den gemeinsamen Grundwerten wäre mit Politkern und Kanzlern wie z. B. K. Adenauer, H. Schmidt, H. Kohl, V.G. d´Estaing und Mitterand nicht denkbar gewesen.

Auch wäre die Forderung und Durchsetzung von Sparmaßnahmen um ein Vielfaches einfacher umzusetzen gewesen, wenn sie gleichzeitig mit der Inaussichtstellung einer Zukunftsperspektive für Land und Leute in Form von Investitionen verbunden worden wäre. Nachdem ein solcher Investitionsplan bei der EU bislang kein Thema zu sein scheint und auch keine ernsthaften Pläne zur Wiederaufbauhilfe für die griechische Wirtschaft bekannt geworden sind, fragt man sich verwundert, welche Vorstellungen über die Zukunft des Landes in der Belletage der EU eigentlich wirklich bestehen.



Spart sich Griechenland in eine Depression?

Publiziert am 31.Mai.2011 von Abraam Kosmidis

Griechenland Krise: Spart sich Griechenland in eine Depression? Die Experten sind sich einig: Sparen allein genügt nicht. Es müssen Investitionen getätigt werden.

Über die „richtige“ Behandlung der aktuellen finanziellen und strukturellen Probleme Griechenlands ist in den letzten Monaten viel geschrieben worden. Auch sind zahlreiche Ansätze diskutiert worden. Bislang ging es im Wesentlichen jedoch nur darum, dass dem Land erhebliche Sparmaßnahmen abverlangt wurden, ohne jedoch dabei zu berücksichtigen, dass damit erhebliche wirtschaftliche Probleme erzeugt und die angespannte wirtschaftliche Lage weiter verschärft wird.

Hierfür sind mehrere Faktoren ursächlich, welche sich kumulativ und in einer gegenseitigen Wechselwirkung noch negativer auswirken.  Durch die Kürzung der Löhne und Gehälter, sowie durch die Entlassungen brechen  die Umsätze im Einzelhandel ein und der Staatshaushalt wird weiter durch steigende Arbeitslosenzahlen belastet. Aufgrund der hohen Zinsen am Geldmarkt und der erschwerten Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken werden kaum noch, oder zu hohen Zinssätzen Darlehen gewährt, so dass Investitionen erheblich beeinträchtigt werden. Tourismus und ausländische Investitionen werden durch diese allgemeine Gemengelage ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. (mehr …)


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